Project Description

2. Nach den Grundsätzen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens ist es für einen wirksamen Vertragsschluss nicht erforderlich, dass die Verhandlungen tatsächlich zu einer verbindlichen Übereinkunft geführt haben. Es reicht vielmehr aus, dass das Bestätigungsschreiben auf eine getroffene Vereinbarung Bezug nimmt.
3. Durch ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben wird eine gegebenenfalls fehlende Vertretungsmacht geheilt.
4. Auch im Fall der Kündigung setzt die Fälligkeit der Vergütung für erbrachte Teilleistungen grundsätzlich deren Abnahme voraus. Eine Abnahme ist jedoch entbehrlich, wenn der Auftraggeber die Erfüllung ernsthaft und endgültig verweigert.

Leitsatz des OLG Frankfurt, Urteil vom 22.12.2011 – 10 U 78/06
vorhergehend:
BGH, 21.12.2010 – X ZR 122/07

I. Sachverhalt:
Der Auftragnehmer und ein Wohnungsbaugesellschaft streiten sich über das Zustandekommen eines Vertrages, welches die digitale Planerfassung für mehrere Gebäude betraf, sowie die zu zahlende Vergütung.

Der Auftragnehmer übersandte dem Auftragnehmer ein Angebot, in welchem er am Ende erklärte, dass er bei Erstellung des Angebots von einer bestimmten Anzahl von Gebäuden, einer bestimmte Anzahl von Wohnungen und einer bestimmte Bruttogeschossfläche ausgegangen sei. Die Parteien führten darauf hin mündlich Vertragsverhandlungen. Anschließend übersandte der Auftragnehmer eine schriftliche Auftragsbestätigung, in welcher er sich auf die geführten Gespräche bezog und abermals ausführte, dass er seinem Angebot eine bestimmte Gebäudezahl, eine bestimmten Anzahl an Wohnungen sowie eine bestimmten Bruttogeschossfläche zu Grunde gelegt habe. Der Auftraggeber widersprach dem Bestätigungsschreiben nicht und übersandt erst über einen Monat später seinerseits eine Auftragsbestätigung mit abweichendem Inhalt. Diesem geänderten Angebot widersprach der Auftragnehmer schriftlich.

Der Auftragnehmer erstellt die Hälfte der Pläne und übersandte dem Auftraggeber ein Schreiben, mit dem er Mehrvergütungsanspürche wegen wesentliche höherer Bruttogeschossflächenzahlen anmeldete.

Die Parteien können sich über den Mehrvergütungsanspruch nicht einigen, woraufhin der Auftraggeber den Vertrag außerordentlich kündigt.

Der Auftragnehmer macht die Vergütung für die bereits erbrachten Leistungen sowie eine Vergütung für die noch nicht erbrachten Leistungen geltend.

Der Auftraggeber verteidigt sich in dem Verfahren unter anderem mit folgenden Einwendungen:
– ein wirksamer Vertrag sei nicht zustande gekommen
– ein Mehrvergütungsanspruch stehe dem Auftragnehmer nicht zu, da es sich um einen Pauschalpreisvertrag handele
– ein Vergütungsanspruch sei mangels Abnahme der Leistungen nicht fällig

II. Entscheidung:
Das Gericht gibt dem Auftragnehmer Recht. Es führt aus, dass ein wirksamer Werkvertrag zwischen den Parteien zustande gekommen sei. Der Vertrag sei auf Grund eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens zustande gekommen, dem der Auftraggeber nicht widersprochen habe.

Weiter führt das Gericht aus, dass vom Abschluss eines Einheitspreisvertrages auszugehen sei, da sich sowohl aus dem Wortlaut des Angebots, als auch aus der Auftragsbestätigung des Auftragnehmers ergebe, dass dieser bei der Kalkulation seines Angebotspreises von einer bestimmten Bruttogeschossfläche ausgegangen sei. Dies spreche hier gegen eine Pauschalpreisangebot.

Da es sich um einen Einheitspreisvertrag gehandelt habe, sei der Auftragnehmer auch berechtigt gewesen Mehrvergütung wegen der erhöhten Bruttogeschossflächenzahlen zu fordern. Ein Kündigungsgrund habe somit nicht vorgelegen. Die außerordentliche Kündigung des Auftraggebers sei daher in eine freie Auftraggeberkündigung umzudeuten.

Weiter führt das Gericht aus, das die Vergütungsansprüche des Auftragnehmers auch ohne Abnahme fällig seien. Zwar setze ein Vergütungsanspruch auch nach erfolgter Kündigung grundsätzlich die Abnahme der Leistung voraus, jedoch sei die Abnahme dann entbehrlich, wenn der Auftraggeber die Erfüllung des Vertrages endgültig verweigere. Dies habe der Auftraggeber hier getan, als er dem Auftragnehmer mitgeteilt habe, dass er nicht vom Vorliegen eines wirksamen Werkvertrages ausgehe.

Praxis Tipp:
Der entschiedene Fall zeigt, dass im Baugewerbe sehr vorsichtig auf Bestätigungsschreiben reagiert werden muss um sich nicht unerwarteten vertraglichen Ansprüchen konfrontiert zu sehen. Dies gilt für jede Phase des Werkvertrages, also auch für Verträge, welche bereits vollzogen werden. Hier kann es nach Baustellengesprächen schnell durch entsprechende Bestätigungsschreiben zu unerwarteten Leistungs- und Preisänderungen kommen, wenn dem Inhalt der Scheiben nicht sofort widersprochen wird. Es empfiehlt sich daher Korrespondenz nach entsprechenden Gesprächen immer besonders sorgfältig prüfen.

Zu dem zeigt das Urteil, dass die Anforderungen, bei denen bereits ein Einheitspreisvertrag angenommen werden kann, sehr gering anzusetzen sind. Das Gericht lässt hier bereits den Hinweis darauf, dass der Auftragnehmer von einer bestimmten Bruttogeschossflächenzahl ausgegangen sei, für die Annahme eines Einheitspeisvertrages genügen. Soll ein Pauschalpreisvertrag abgeschlossen werden sollte deshalb unbedingt darauf geachtete werden, dass dieser auch ausdrücklich als Pauschalpreisverträge bezeichnet wird und durch geeignete Formulierungen kein Zweifel daran gelassen werden, dass die Vergütung unabhängig von den auszuführenden Mengen als vereinbart gelten soll.