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BGH, Urteil vom 29. 9. 2009 – VI ZR 251/ 08; OLG Bamberg

Der Entscheidung lag folgender sachverhalt zu Grunde:

Der Patient unterzog sich am 19.05.1998 einer Bypass-Operation. Kurz nach der Operation kam es zunächst am linken Auge zu einer Sehstörung. Am 23.05.2010 erblindete der Patient auf dem linken Auge und es trat eine Sehstörung am rechten Auge auf. Erstmals am 24.05.2010 fand eine augenärztliche Untersuchung statt, anlässlich der eine die Diagnose einer toxisch-allerdischen Optikusneuropathie als mögliche Spätreaktion auf eine Kontrastmittelbelastung gestellt wurde. Am 25.05.2010 erblindete der Patient auch auf dem rechten Auge. Am 26.05.2010 wurde der patient in eine Augenklinik verlegt, wo eine nicht-arteriore ischämische Optikusneuropathie festgestellt wurde.

Der Patient verklagte die behandeldnen Ärzte auf Zahlung eines Schmerzensgeldes. Der Patient macht geltend, dass eine augenärztlicher Untersuchung bereits am 23.05.1998 hätte erfolgen müssen. Da diese erst am 25.05.1998 erfolgte, liege ein grober Behandlungsfehler vor. Die Klage wurde abgewiesen. Die gegen dieses Urteil eingelgte Berufung blieb ohne Erfolg.

Das Gericht führte unter anderem aus, dass nicht ersichtlich sei, dass einer Erblindung des Patienten wirkungsvoller hätte vorgbeugt werden können. Eine dem medizinsichen Standard entsprechende und der von der beim Patienten vorgenommenen Behandlung abweichende Behandlungsmethode, mit dem der Erblindung hätte besser vorgebeugt werden können habe im Jahr 1998 nicht bestanden. Es fehle somit am Vorliegen der Ursächlichkeit der unterlassenen Behandlung und der eingetretenen Erblindung.

Das Berufungsgericht bejahte zwar das Vorliegen eines Behandlungsfehlers wegen der zu späten augenärztlichen Untersuchung, verneinte jedoch das Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers, welcher hinischtlich der Ursächlichkeit zwischen Behandlungsfehler und eingetretener Erblindung zu einer beweislasterleichterung zu Gunsten des Patienten geführt hätte. Das Gericht führte insoweit aus, dass ein grober Behandlungsfehler erst dann vorliege, wenn einerseits die aus meditzinischer Sicht gebotene Befunderhebung unterlassen wurde und darüber hinaus auch die nach einhelliger medizinischer Auffassung gebotene Therapie versäumt worden sei. Da im vorliegenden Fall eine von der vorgenommenen Behandlung abweichende Behandlungsmethode jedoch noch nicht dem Stand der Medizin entsprochen habe, fehle es an dieser Voraussetzung. Das Gericht verneinte daher einen Anspruch des Patienten mit der Begründung, dass nicht erkennbar sei, dass der Erblindung durch die Beklagten wirkungsvoller hätte vorgebeugt werden können. Da ein grober Behandlungsfehler zu verneinen sei, könne auf das Vorliegen der Ursächlichkeit der unterlassenen Untersuchung und der Erblindung auch nicht aufgrund einer Beweislasterleichterung zu Gunsten des Patienten geschlossen werden.

Der BGH gab der Klage des Patienten statt und stellte in seiner Entscheidung nunmehr klar, dass Voraussetzung für das Vorliegen eines groben Behandlungsfehler nicht auch das Vorliegen der Unterlassung der gebotenen Therapie sei. Bereits das Unterlassen der aus medizinischer Sicht gebotene Befunderhebung stelle einen groben Bejhandlungsfehler dar, der zu einer Beweislasterleichterung zu Gunsten des Patienten führt. Es müsse somit davon ausgegangen werden, dass bei rechtzeitiger Untersuchung eine Erblindung des patienten hätte verhindert werden können.